Anorexie
Anorexie (Magersucht) ist eine genetisch veranlagte, psychobiologische Erkrankung. Die genetische Veranlagung weist Überschneidungen auf mit Depression, Angst- und Zwangsstörungen und Schizophrenie. Zum Ausbruch der Krankheit führt immer ein Energiedefizit.
Auslöser eines Energiedefizits können physische Faktoren sein wie ein Wachstumsschub, ein Magen-Darm-Infekt oder erhöhte sportliche Aktivität, oder psychische Belastungen wie Mobbing, Trauer, Leistungs- oder Gruppendruck.
Diagnose
Die S3-Leitlinie für Diagnostik und Therapie von Essstörungen definiert folgende Diagnosekriterien:
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Ein Untergewicht (BMI < 17,5 kg/m2 bei Erwachsenen oder ein Unterschreiten der 10. Altersperzentile bei Kinder und Jugendlichen)
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Eine Körperbildstörung: Der Körper wird trotz Untergewicht entweder als normal bzw. als „zu dick“ erlebt.
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Das Vorliegen einer endokrinen Störung (bzw. eine Verzögerung der Abfolge der pubertären Entwicklungsschritte).
Das Untergewicht darf dabei nicht auf eine andere Erkrankung oder die Nicht-Verfügbarkeit von Nahrung zurückzuführen sein. Massnahmen, die eine Wiederherstellung eines normalen Körpergewichts verhindern, werden in einem weiteren diagnostischen Kriterium zusammengefasst – hierzu zählen restiktives Essverhalten, selbstinduziertes Erbrechen, der Missbrauch von Abführmitteln und exzessives Sporttreiben.
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Ein wichtiges Diagnosekriterium, das in der aktuellen S3-Leitlinie fehlt, aber auf der Website der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung BZgA erwähnt wird, ist der Gewichtsverlust, der immer mit AN einhergeht. Für Ärzt:innen ist es von grosser Bedeutung, in der Diagnostizierung der AN bei Kindern und Jugendlichen die bisherige Perzentilenkurven der Patient:innen zu analysieren. Ebenfalls zählt die BZgA die Angst vor einer Gewichtszunahme, die Einhaltung strenger Ernährungsregeln sowie die zwanghafte gedankliche Beschäftigung mit Essen auf.
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Untergewicht darf kein zwingendes Diagnosekriterium sein. So kommt es immer wieder vor, dass auch normal- oder übergewichtige Menschen Anorexie-Symptome entwickeln. In diesem Fall spricht man von atypischer Anorexie. Der Körper reagiert auf einen Nahrungsmangel und einen raschen Gewichtsverlust mit denselben Mechanismen und Symptomen wie bei Menschen, die vom Normalgewicht ins Untergewicht rutschen. Meist ist der Gewichtsverlust grösser als bei Patient:innen mit klassischer Anorexie. (Vgl. Physical and Psychological Morbidity in Adolescents With Atypical Anorexia Nervosa)